Ostern

Vorestern musste ich einkaufen und eine Ärztin besuchen. Und alle, mit denen ich somit sprechen musste, wünschten mir schöne Ostern.
Ich schaute sie alle leicht gestresst und irritiert an und murmelte ein unsicheres „Danke“ vor mich hin.
Gestresst weil sie mir ganz klar signalisierten, dass Feiertage bevor stehen. Wann genau sie beginnen und wie lange sie dauern, konnte ich jedoch nicht aus ihren Worten lesen und traute mich nicht zu fragen. Denn ich weiss… Das weiss jeder. Sowas kann ich nicht mehr fragen. Mit 43 ist man aus dem Alter raus, in dem es ok ist, solche Fragen zu stellen.

Feiertage kennt man genau so selbstverständlich wie die Namen von Seen. Alle. Die gesamte Menschheit scheint Seenamen zu kennen. Ausser ich. Ich bade in einfach in einem See und bin ihm dankbar, dass es ihn gibt. Er weiss nicht wie ich heisse, ich nicht wie er heisst und wir sind beide voll ok damit. Noch nie hat ein See von mir verlangt, dass ich ihn mit Namen anspreche. Vielleicht liebe ich Seen deshalb so sehr. Sie verlangen nicht wie Menschen dauernd Unmögliches von mir – z.B. mir Namen merken zu können.

Ich weiss nicht, wie Menschen es schaffen, all diese Infos in ihre Hirne zu packen. Da ist doch sonst schon so viel drin!
Ok – es könnte sein, dass andere Menschen ihre Hirne nicht mit tonnenweise Unnötigem füllen so wie ich. Gestern konnte ich z.B. lange nicht einschlafen weil ich unbedingt darüber nachdenken musste, wie es möglich wäre, sich beim Fahren von einem Auto abzuwechseln ohne das Auto stoppen zu müssen. Ich werd die Lösung bestimmt nie brauchen. Aber ich musste unbedingt so lange darüber nachdenken, bis ich sie gefunden hatte. Mein Hirn liebt solche Infos. Je unnötiger desto spannender. Feiertage und Namen findet es komplett merk-unwürdig.
Aber alle andern! Wirklich alle scheinen haargenau zu wissen, wann Ostern beginnen und wann sie enden. Und wie man sie sich schön macht.

Es gibt sogar Menschen, die Worte wie „Ostern“ schon lange Zeit im Voraus als genaue Zeitangabe benutzen in Gesprächen. „An Ostern habe ich Zeit“ sagen sie z.B. Und ich sehe ihnen an, dass sie es völlig normal finden, sowas zu sagen. Dass in ihnen kein Millimeter Zweifel daran besteht, dass ich nun weiss, an welchen Tagen sie Zeit haben. Auch da… Frage ich nicht. Nicke einfach, versuche meine Mimik so gut im Griff zu haben dass niemand merkt, dass ich aus diesen Worten keine genauere Infos rausgehört habe als die, dass es auch dieses Jahr eine Ostern gibt. Und sie dann Zeit haben.
Und hoffe dann einfach, dass sie mich an Ostern daran erinnern, dass sie nun Zeit haben. Damit wir uns zusammen eine schöne Ostern machen können. Denn ich nehme einfach mal an, dass Freunde zu treffen zu den offiziell anerkannten Optionen gehört, wie man schöne Ostern erleben kann.
Man muss ja mit irgend wem Eier kaputt schlagen.
Ich esse keine Eier. Muss ich trotzdem welche kaputt schlagen damit ich zu denen gehöre, die schöne Ostern haben?
Sowieso – was passiert, wenn ich keine schönen Ostern habe? Wenn ich alleine krank zuhause sitze? Das tu ich nämlich. Und wäre krank nicht schon blöd genug, mache ich mir nun auch noch Sorgen, dass es ein schlechtes Omen sein könnte, wenn man keine schönen Ostern mit Freunden und zerstörten Eiern hat. Denn wenn mir das alle so eindringlich wünschen, scheint es was ausserordentlich wichtiges zu sein.
Bitte helft mir. Sagt mir, dass ich scheiss Ostern haben darf ohne dass ich nun für immer Pech im Leben haben werde.
Und bitte… Sagt mir wie lange diese Ostern dauern. Damit ich weiss, wie ich mein Essen rationieren muss damit ich überlebe bis zu Osterende. Danke.

Schönes Hühnermenstruation-kaputtschlag-Fest euch allen.